Fremdeln ab dem 9. Monat
Während ein Baby in den ersten sechs Monaten meist jedem freundlich gegenüber tritt, verändert sich sein Verhalten in vielen Fällen ab dem neunten Monat schlagartig:
Es beginnt eine ausgeprägte Vorliebe für Mutter und Vater zu entwickeln, während andere Personen - vor allem Fremde - mit lautem Schreien bestraft werden, sobald sie sich nähern.
Der Grund dafür ist einfach seine Reife. Mit acht Monaten realisiert das Kind, dass seine Eltern und eventuelle andere Bezugspersonen für es sorgen. Sie füttern, trösten und umsorgen es - es will diese Menschen also möglichst nahe bei sich haben.
Gleichzeitig geht es Personen aus dem Weg, von denen es glaubt, sie könnten es von seinen Bezugspersonen entfernen. Vorher geliebte Großeltern werden zurückgewiesen, Babysitter werden mit Händen und Füßen von sich fern gehalten.
Fehlende Bezugspersonen machen Angst
Für die Eltern - vor allem die Mütter - steht eine anstrengende Zeit bevor. Konnten sie vorher ihr Kind ohne Bedenken oder schlechtes Gewissen in der Obhut Vertrauter lassen, wird nun jede Betreuung durch den Babysitter zur Tortur. Sobald sich Mutter und Vater langsam in Richtung Tür bewegen, kullern die Tränen.
Ab und zu vergeht das Fremdeln wieder so schnell wie es gekommen ist. Von zehn Kindern fremdeln zwei sogar überhaupt nicht. Wenn Dein Kind allerdings zu denjenigen gehört, die auf andere Personen mit Angst reagiert, solltest Du von ihm nicht erwarten, dass es sich "sozial" verhält - mit Druck kommt man meist nicht zum Ziel.
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Tipps gegen das Fremdeln
Am besten warnst Du Freunde und Familie vor, damit sie Deinem Kind nicht zu schnell zu nahe kommen. Schlag ihnen vor, statt es überschwänglich in den Arm nehmen zu wollen, die Barrieren langsam zu durchbrechen indem sie es anlächeln, mit ihm spielen oder einfach mit ihm reden, während es auf Deinem Schoß bleiben darf. Vielleicht wird es dann langsam warm - wenn nicht sind zumindest keine Tränen geflossen oder unangenehme Situationen entstanden.
Wenn Dein Kind anfängt, den lange geliebten Babysitter abzulehnen, solange Du im Haus bist, solltest Du versuchen einfach zu gehen. Bei vetrauten Beteuern werden die Tränen vermutlich bald trocknen. Schwierig wird es, wenn Du während der Fremdel-Phase einen neuen Babysitter einführen willst. Mit viel Geduld wird aber auch diese Hürde zu schaffen sein: Bleib dabei, wenn der neue Babysitter das erste Mal kommnt. Wenn das Kind sich wohlfühlt, kannst Du es zuerst für kurze Zeit mit dem Sitter alleine lassen und dann die Zeit der Trennung langsam steigern.
Manche Babys - vor allem Stillkinder - schreien stundenlang durch, egal ob Papa, Oma oder Babysitter da sind, bis dass ihre Mutter endlich wieder da ist. In einem solchen Fall sollte man die Trennungen von der Mutter möglichst gering halten. Diese extreme Mami-Phase wird sicher bald vorüber gehen.
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(Quelle Bild: Istockphoto)
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